Mittwoch, 12. November 2008

Mobbing und Stasi - der Zusammenhang

Lorenz erforschte das Verhalten von Hühnern. Leymann übertrug es auf das Sozialverhalten im Arbeitsleben und veröffentlichte darüber eine Studie.Die Stasi griff die Studio auf und Mielke gab die Richtlinie 1/76 heraus, die ich anläßlich einer Pressekonferenz im April 1998 überschrieb mit "Gebrauchsanweisung zum Mobbing".In der DDR setzte man die Forschungsergebnisse gezielt ein und nannte die Methode "Methodik der Zersetzung". Einzelpersonen oder unliebsame Gruppen wurden ausspioniert. Informationen wurden gesammelt und dann streute man gezielt wahre, und unwahre, aber glaubhafte Informationen, mit dem Ziel den Ruf nachhaltig zu beschädigen und die Person auszugrenzen und in den Selbstmord zu treiben. Weiteres erklärtes Ziel war diese Methode ständig zu perfektionieren.1986 gab Mielke der Stasi die Anweisung die Mitarbeiter mit Lebensläufen auszurüsten, die sie für den Fall des Bankrottes der DDR in Positionen bringen könnten, die den Fortbestand des MfS im Untergrund sichern würde. Als 1989 die Mauer fiel war alles längst in trockenen Tüchern. Das MfS wurde aufgelöst. Ganze Kader gingen in diversen Firmen auf und es wurde nachrekrutiert. Die IM´s hinterließen in vielen Firmen eine deutliche Handschrift. Gemeinsam mit einem Verein in Berlin sammelten wir die Beweise. Allerdings ließen sich jahrelang nur die Spuren der 90.000 Hauptamtlichen verfolgen, da die USA die 200.000 Namen der untergetauchten IM´s unter Verschluss hielten.Warum schreibe ich das im Jahre 2008? Machen wir uns doch nichts vor. Diese Menschen haben ihre Gesinnung nicht 1989 an den Nagel gehängt. Sie leben unter uns. Menschen wie du und ich! Die alten Seilschaften funktionieren bis auf den heutigen Tag. Einige hauptamtliche Mitarbeiter des MfS sind heute Leiter von Banken, Arbeitsämtern, es gibt sogar 5 Richter!Die deutsche Vergangenheit ist noch lange nicht aufgearbeitet. Wenn ich nach dem Arbeitgeber frage und mir eine Kurzbeschreibung des Falles anschaue, dann ist die Handschrift der Stasi auch im Jahre 2008 noch deutlich.Ein Ex-Major des MfS in Cottbus sagte es mal so: "Was sollten wir denn machen? Wo sollten wir denn hin? Uns blieben doch nur Vorstandsposten in Gemeinnützigen Vereinen. Für die paar Jahre bis zur Rente?"Einigen musste gesagt werden, das Westbetriebe mit den Aufzeichnungen in Schwarzen Personalakten nicht arbeiten und das ihre Mühe nicht gewürdigt werden würde. Man hatte nach der Wende vergessen ihnen zu erklären, dass sie ihr angewöhntes Verhalten ändern müssten. Einige haben es bis heute nicht gelernt.

1 Kommentar:

Margit Ricarda Rolf hat gesagt…

Ich stelle den Text mal hier rein:

Auszug aus der Richtlinie 1/76, Seite 47 + 48 von Mielke

2.6.2. Formen, Mittel und Methoden der Zersetzung

Die Festlegung der durchzuführenden Zersetzungsmaßnahmen hat auf der Grundlage der exakten Einschätzung der erreichten Ergebnisse der Bearbeitung des jeweiligen Operativen Vorganges, insbesondere der erarbeiteten Ansatzpunkte sowie der Individualität der bearbeiteten Personen und in Abhängigkeit von der jeweils zu erreichenden Ziesetzung zu erfolgen.

Bewährte anzuwendende Formen der Zersetzung sind:

- systematische Diskreditierung des öffentlichen Rufes, das Ansehens und des Prestiges auf der Grundlage miteinander verbundener wahrer, übeprüfbarer und diskreditierender sowie unwahrer, glaubhafter, nicht widerlegbarer und damit ebenfalls diskreditierender Angaben;
- systemische Organisierung beruflicher und gesellschaftlicher Mißerfolge zur Untergrabung des Selbstvertrauens einzelner Personen;
- zielstrebige Untergrabung von Überzeugungen im Zusammenhang mit bestimmten Idealen, Vorbildern usw. und die Erzeugung von Zweifeln an der persönlichen Perspektive;
- Erzeugen von Mißtrauen und gegenseitigen Verdächtigungen innerhalb von Gruppen, Gruppierungen und Organisationen;
- Erzeugen bzw. Ausnutzen und Verstärken von Rivalitäten innerhalb von Gruppen, Gruppierungen und Organisationen durch zielgerichtete Ausnutzung persönlicher Schwächen einzelner Mitglieder;
- Beschäftigung von Gruppen, Gruppierungen und Organisationen mit ihren internen Problemen mit dem Ziel der Einschränkung ihrer feindlich-negativen Handlungen;
- örtliches und zeitliches Unterbinden bzw. Einschränken der gegenseitigen Beziehungen der Mitglieder einer Gruppe, Gruppierung oder Organisation auf der Grundlage geltender gesetzlicher Bestimmungen, z. B. durch Arbeitsplatzbindungen, Zuweisungen entfernt liegender Arbeitsplätze usw.

Bei der Durchführung von Zersetzungsmaßnahmen sind vorrangig zuverlässige, bewährte, für die Lösung dieser Aufgabe geeignete IM einzusetzen.

Bewährte Mittel der Zersetzung sind:

- das Heranführen bzw. der Einsatz von IM, legendiert als Kuriere der Zentrale, Vertrauenspersonen des Leiters der Gruppe, übergeordnete Personen, Beauftragte von zuständigen Stellen aus dem Operationsgebiet, andere Verbindungspersonen usw.;
- die Verwendung anonymer oder pseudonymer Briefe, Telegramme, Telefonanrufe usw;
- kompromitierende Fotos, z. B. von stattgefundenen oder vorgetäuschten Begenungen;
- die gezielte Verbreitung von Gerüchten über bestimmte Personen einer Gruppe, Gruppierung oder Organisation;
- gezielte Indiskretion bzw. das Vortäuschen einer Dekonspiration von Abwehrmaßnahmen des MfS;
- die Vorladung von Personen zu staatlichen Diensttstellen oder gesellschaftlichen Organisationen mit glaubhafter oder unglaubhafter Begründung.

Diese Mittel und Methoden sind entsprechend den konkreten Bedingungen des jeweiligen Operativen Vorganges schöpferisch und differenziert anzuwenden, anszubauen und weiterzuentwickeln.

Ende des Zitats.

Ich habe diese Anweisung überschrieben mit "Gebrauchsanweisung zum Mobbing".


Mobbing und Stasi - der ZusammenhangViele Mobbingfälle der letzten 11 Jahre haben sehr viel Ähnlichkeit mit diesen Abläufen, besonders betroffen sind dabei Personen des öffentlichen Dienstes, z. B. Lehrer, die an drei verschiedenen Orten eingesetzt wurden, aber auch Außendienstler.

Der berühmteste Fall war wohl Günter Geuking aus Frankfurt/Oder - Geschäftsführer der dortigen ÖTV. Der Fall wurde im Fernsehen dargestellt. Geuking verlor seinen Arbeitsplatz für den geäußerten Satz: "Da dachte ich das erste Mal - das sind Stasi-Methoden." 1998 dirfte man so etwas weder denken, noch äußern.

Mir zeigt das, dass wir von einer Aufarbeitung der Problematik weit entfernt sind, denn auch im Jahre 2008 tun wir uns noch schwer, wenn man auf diese Zusammenhänge hinweist.